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Weinstein – Weinsteinrahm, Begriffsklärung – Zusatz zur Beize beim Färben

Weinstein, Weinsteinrahm, Kaliumhydrogentartrat, Kaliumbitartrat, C4H5KO6

en.: cream of tartar, potassium hydrogen tartrate, fr.: tartre, it.: tartarico, tartarica es.: tártaro

Mit den Begriffen Weinstein und Weinsteinrahm wird die gleiche chemische Substanz beschrieben. Heute käuflicher Weinstein oder Weinsteinrahm enthält, im Gegensatz zum 19. Jahrhundert und davor, ausschließlich Kaliumhydrogentartrat, (Kaliumbitartrat), C4H5KO6.
Weinstein Strukturformel

Weinstein ist heute in weißer Pulverform im Handel.
Weinstein ist schwer löslich in kaltem Wasser, jedoch löslich in siedendem Wasser.

Früher wurde Weinstein ausschließlich aus Weinsteinablagerungen der Weinfässer gewonnen, die in den Weinanbaugebieten anfielen.


Historie

Roher Weinstein, Tartarus crudus

Das saure, weinsaure Kali, Kaliumbitartrat, ist im Saft der Weintrauben gelöst und scheidet sich aus dem Most während der Gärung ab und zwar umso mehr, je alkoholreicher der Wein wird. Schwere, dabei doch säurereiche Weine liefern die größten Mengen. Der Weinstein setzt sich in den Gärbottichen und Fässern in dichten Krusten an, die an den Fassdauben so fest halten, dass sie nur durch Erwärmen der Fässer und anhaltendes Klopfen losgelöst werden können. Je nach der Farbe des Weines erscheinen dieselben von hellgrauer bis dunkelbraunroter Farbe. In diesem Zustand kommen sie als Tartarus crudus oder, wenn rot als Tartarus ruber in den Handel. Letzterer wird in Pulverform vielfach als Beize bei dunklen Farben in der Färberei angewendet.

In diesem rohen Zustand enthält der Weinstein neben weinsaurem Kali ziemlich bedeutende Mengen von weinsaurem Kalk (8-15 %, in selteneren Fällen bis zu 40 % steigend), außerdem Farbstoffe des Weines, Hefezellen und sonstige Verunreinigungen. Um ihn hiervon möglichst zu befreien, wird er in eigenen Fabriken durch mehrfaches Umkristallisieren gereinigt (raffiniert). Je nach dem Grade der Reinheit heißt er dann ½, ¾ oder ganz raffiniert.

Gereinigter Weinstein, Weinsteinrahm, Cremor tartari

Dieser bildet dichte, harte Kristallkrusten, aus feinen Kristallen bestehend; ist fast rein weiß, enthält aber noch immer ziemliche Mengen weinsauren Kalk, ferner fast immer Spuren von Eisen und häufig auch von Blei (aus den Kristallisations-Bottichen herrührend). Für die Rezeptur in den Apotheken muss derselbe noch durch besondere Reinigung von dem Kalk befreit werden, während dies für den gewöhnlichen Gebrauch nicht erforderlich ist. Der Name Cremor tartari, Weinsteinrahm, stammt daher, dass man früher die während des Kristallisations-Prozesses an der Oberfläche sich bildenden Krusten gleich dem Rahm der Milch von der Flüssigkeit abhob.

Tartarus depuratus pro receptura (kalkfrei).

Früher wurde der Gereinigte Weinstein, Cremor tartari, für die medizinische Verwendung von den Kalkanteilen befreit.


Verwendung von Weinstein

Medizinisch innerlich als blutverdünnendes Mittel, technisch als Beizzusatz in der Färberei, zum Weißsieden verzinnter Gegenstände, zu Backpulvern und früher zur Herstellung der Weinsteinsäure (heute Weinsäure, C4H6O6).

Verwendung von Weinstein beim Beizvorgang von Wolle mit Aluminiumverbindungen

Beizbäder liegen im sauren Bereich. Der pH-Wert kann durch Zugabe von Weinstein erhöht werden, was sich beim Erhitzen des Beizbades schonend auf die Wolle auswirkt. Allerdings führt die Weinsteingabe dazu, dass die Färbung stumpfer wird.

Die Aufnahme von Aluminium durch die Wolle wird durch die Zugabe von Weinstein vermindert. Der Aluminiumanteil der Restbeizflotte steigt. Es empfiehlt sich deshalb den Weinstein erst in den letzten 10 Minuten des Beizvorganges zuzugeben.

Literatur

Gustav Adolf Buchheister, Handbuch der Drogisten-Praxis, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893
Autorenkollektiv, Brockhaus‘ Konversationslexikon, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896
Autorenkollektiv, Merck’s Warenlexikon, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884
Eberhard Prinz, Färberpflanzen, Anleitung zum Färben, Verwendung in Kultur und Medizin, Schweizerbart, Stuttgart, 2009

Weitere Informationen

Einflüsse beim Beizen von Wolle mit Alaun